Der Weltkrieg am 2. September 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die äußeren Westforts von Grodno genommen

Großes Hauptquartier, 2. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In den Vogesen nördlich von Münster führte am 31. August unser Angriff zur Wiedereroberung der in den Kämpfen vom 18. bis 23. August an die Franzosen verlorenen Grabenstücke. Die Kammlinie Lingekopf-Barrenkopf ist damit wieder in unserem Besitz. Gegenangriffe wurden abgewiesen. 72 Alpenjäger sind gefangengenommen, 3 Maschinengewehre erbeutet.
Über Avocourt (nordwestlich von Verdun) wurde ein französisches Flugzeug von einem unserer Kampfflieger heruntergeschossen; es stürzte brennend ab.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
An der Bahn Wilna-Grodno wurde der Ort Czarnokowale gestürmt. Bei Merecz macht unser Angriff Fortschritte.
Auf der Westfront von Grodno ist die äußere Fortlinie gefallen; norddeutsche Landwehr stürmte gestern das nördlich der Straße Dombrowo - Grodno gelegene Fort 4. Die Besatzung - 500 Mann - wurde gefangengenommen; am späten Abend folgte die Eroberung des weiter nordwestlich gelegenen Forts 4 - mit 150 Mann Besatzung durch badische Truppen. Die übrigen Werke der vorgeschobenen Westfront wurden darauf von den Russen geräumt. Östlich des Forstes von Bialystok sind die Übergänge über den Swislocz von Makarowce (südöstlich von Odelsk) ab aufwärts nach Kampf von uns besetzt. Die gestrige Gesamtbeute der Heeresgruppe beträgt 3070 Gefangene, 1 schweres Geschütz, 3 Maschinengewehre. Bei Ossowiec wurden außerdem drei vom Feinde in den Sumpf versenkte schwere Geschütze ausgegraben.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Der Austritt aus dem Nordostrande des Bialowieskaforstes ist gestern erkämpft. Durch Überfall bemächtigten wir uns nachts der Jasioldaübergänge im Sumpfgebiet nördlich von Pruzana; 1000 Gefangene wurden eingebracht.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Der Muchawicabschnitt wurde auf der ganzen Front in der Verfolgung überschritten.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Auf der Verfolgung fielen gestern über 1000 Gefangene und 1 Maschinengewehr in die Hände der deutschen Truppen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Schwarze Adlerorden für Generalfeldmarschall v. Mackensen

v. Mackensen
v. Mackensen

Danzig, 2. September.
Nach einer der Gemahlin des Generalfeldmarschalls v. Mackensen zugegangenen Nachricht hat der Kaiser dem nach schwierigen Operationen aufs neue siegreichen Bezwinger von Brest-Litowsk den Hohen Orden vom Schwarzen Adler verliehen.
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Beilegung des deutsch-amerikanischen Konflikts

Berlin, 2. September.
Wie wir erfahren, hat der deutsche Botschafter in Washington, Graf Bernstorff, der Regierung der Vereinigten Staaten weisungsgemäß mitgeteilt, daß nach den bestehenden Instruktionen Passagierdampfer nicht ohne vorherige Warnung und ohne daß das Leben der Nichtkombattanten in Sicherheit gebracht sei, versenkt werden sollen. Hierbei werde natürlich vorausgesetzt, daß die betreffenden Schiffe nicht zu fliehen versuchen und keinen Widerstand leisten, widrigenfalls sie sich ohne weiteres der Zerstörung aussetzen.
Es ist anzunehmen, daß die Zwischenfälle mit Amerika hierdurch ihre Erledigung finden.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Befreiung von Brody - Russischer Rückzug in Ostgalizien

Wien, 2. September.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die im Gebiete des wolhynischen Festungsdreieckes eingeleitete Verfolgung der Russen macht gute Fortschritte. Unsere Streitkräfte haben von Luck aufwärts den Styr in breiter Front überschritten. Auch in Ostgalizien befindet sich der Feind neuerlich im Rückzuge. Die Truppen des Generals v. Boehm-Ermolli rückten in Brody ein und dringen heute östlich dieser Stadt über die Reichsgrenze vor. Der Nordflügel des Generals Graf Bothmer verfolgt auf den von Zborow gegen Zalocze und Tarnopol führenden Straßen. Der geschlagene Feind weicht gegen den Sereth. Die Armee des Generals Pflanzer-Baltin warf die Russen gestern unter heftigen Kämpfen über die Höhen östlich der unteren Strypa zurück; dadurch wurde auch die Dnjestrfront bis zur Serethmündung hinab erschüttert und zum Rückzug gezwungen. Hinter den russischen Stellungen an der beßarabischen Grenze stehen zahlreiche Dörfer in Flammen. Die nordöstlich Kobrin kämpfenden k. und k. Truppen treiben im Verein mit unseren Verbündeten den Feind allmählich in das Sumpfgebiet der oberen Jasiolda zurück.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Lage auf dem italienischen Kriegsschauplatz hat sich auch gestern nicht geändert. An der Tiroler Front sind die Tonalesperren und auf der Hochfläche von Lavarone-Folgaria außer den Werken auch unsere Stützpunkte Monte Maronia und Monte Coston unter feindlichem Geschützfeuer. Im Kärntner Grenzgebiete wurden schwächere italienische Angriffe auf den Monte Peralba und das Bladnerjoch abgewiesen. An der küstenländischen Front dauerten die Artilleriekämpfe mit mäßiger Stärke fort. Die technischen Arbeiten des Feindes wurden an mehreren Stellen wirksam gestört.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 2. September.
An der Dardanellenfront hat sich nichts Wichtiges ereignet. Bei Sed ül Bahr hat der linke Flügel und die Artillerie des Feindes unter Vergeudung einer ungeheuren Menge von Munition sich vergebens bemüht, unsere Schützengräben zu zerstören. Von vier Bomben, die mit Minenwerfern geschleudert worden waren, fielen zwei auf die eigenen Schützengräben des Feindes, worauf dieser das Bombenwerfen einstellte. Am 30. August zwangen Meerengenbatterien feindliche Minensucher, die sich dem Dardanelleneingang näherten, zum Rückzug. Dieselben Batterien zerstreuten noch andere Minensucher, die in der Gegend der Spitze von Sed ül Bahr erschienen waren, und beschossen wirksam die Stellung der feindlichen Fußtruppen von Sed ül Bahr. - Der englische Transportdampfer "Sawsland" ist von einem deutschen Unterseeboot im Ägäischen Meere torpediert und versenkt worden, ein großer Teil der an Bord befindlichen Truppen ist ertrunken.

 

Ein neuer russischer Generalstabschef

Kopenhagen, 2. September.
Aus Petersburg wird amtlich gemeldet:
Der General der Infanterie Januschkewitsch, Chef des Generalstabes des Großfürsten-Oberbefehlshabers, wurde zum militärischen Gehilfen des Vizekönigs des Kaukasus ernannt. Der Oberbefehlshaber der Armeen an der Nordwestfront General der Infanterie Alexejew wurde zum Chef des Generalstabes des Großfürsten-Oberbefehlshabers ernannt.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im September 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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