Die
Schlacht bei Anafarta
Berlin,
18. September.
Zu den blutigsten Schlachten des Dardanellenfeldzuges, der in
den sechs Monaten seiner bisherigen Dauer schon so viel Blut und Leben
gekostet hat, gehören ohne Zweifel die Kämpfe an der Anafartabucht
und bei Ari Burun am 28. und 29. August, deren Ergebnisse unsere aus dem
osmanischen Hauptquartier stammende und als authentisch vom türkischen
Generalstab beglaubigte Karte zeigt. Die Schlacht entwickelte sich aus
den seit Wochen und Monaten fast zur Gewohnheit gewordenen täglichen
Artilleriekämpfen und Scharmützeln der Mannschaften in den stellenweise
nur dreißig bis fünfzig Meter voneinander entfernten Schützengräben
gewissermaßen automatisch und nahm am Abend des 28. August einen
höchst erbitterten Charakter an. Die ganze Nacht hindurch dauerten
die Kämpfe an. Die türkischen Mannschaften gingen, sobald man
merkte, daß infolge der Dunkelheit die Schiffsgeschütze an
Treffsicherheit verloren, zum Sturmangriff über, wobei sie im Nahkampf
von ihrer Lieblingswaffe, dem Bajonett, ausgiebig Gebrauch machen konnten,
und in ihrer todesverachtenden Tapferkeit sich weder durch Drahtverhaue
und ähnliche Hindernisse, noch durch die Menge von Handgranaten aufhalten
ließen, die ihnen entgegengeschleudert wurden und die in ihren Reihen
furchtbare Verheerungen anrichteten.
Die Arbeitsbataillone folgten den dahinstürmenden Kämpfern auf
dem Fuße. Wo Bajonett und Kolben den Weg gebahnt hatten, wurden
mit Hacke und Spaten sofort neue Verschanzungen
aufgeworfen, Deckungen geschaffen und alle sonstigen Maßnahmen zur
Verteidigung der neu errungenen Positionen getroffen, und als der Morgen
graute, mußte der Feind mit Schrecken bemerken, daß er auf
der ganzen Linie erheblich zurückgedrängt war, daß er
hier hundert, dort drei- bis fünfhundert, an einer Stelle sogar reichlich
tausend Meter Terrain verloren hatte und daß sich die türkischen
Truppen auf dem eroberten Boden sofort sehr energisch festgesetzt hatten.
Wieder traten die schweren Schiffsgeschütze in Aktion, wieder ergoß
sich stundenlang ein verheerender Eisenhagel von Schrapnells und Granaten
mit weiter Sprengwirkung über die Reihen der tapferen Verteidiger,
aber nichts konnte sie wankend machen, im Gegenteil, jeder Verlust in
den eigenen Reihen steigerte nur ihre Erbitterung. Immer und immer wieder
von neuem gingen sie in glühender Sonnenhitze zum Sturm vor, und
als am Abend des zweiten Tages die Dämmerung sich niedersenkte, war
die Schlacht endgültig entschieden. Wohl hatten Ströme türkischen
Blutes die Erde der heißumstrittenen Halbinsel rot gefärbt,
wohl führen endlose Wagenreihen Verwundete nach Atbaschi zu, von
wo die Transportschiffe des Roten Halbmondes nach der Hauptstadt abgehen.
Aber der Feind war wieder zurückgetrieben bis unter die sichere Deckung
seiner Schiffsgeschütze, und zehntausend Engländer waren in
die Fluten des Ägäischen Meeres getrieben worden, unzählige
verwundete Gefangene gingen mit den türkischen Transporten nach Konstantinopel,
und ein großer Transport von unverwundeten Gefangenen wurde in langsamen
Tagesmärschen der im Flaggenschmuck prangenden Hauptstadt zugeführt.
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