Der Weltkrieg am 23. Februar 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

FRANZÖSISCHER HEERESBERICHT

Karte zu den Kämpfen bei Verdun

 Der deutsche Heeresbericht:

Einbruch in die französische Front nördlich Verdun

Vorstoß in 10 Kilometer Breite und 3 Kilometer Tiefe - Über 3000 Franzosen gefangen

Großes Hauptquartier, 23. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Durch eine Sprengung in der Nähe der von uns am 21. Februar eroberten Gräben östlich Souchez wurde die feindliche Stellung erheblich beschädigt. Die Gefangenenzahl erhöht sich hier auf 11 Offiziere und 348 Mann, die Beute beträgt 3 Maschinengewehre.
Auf den Maashöhen dauerten die Artilleriekämpfe mit unverminderter Stärke fort.
Östlich des Flusses griffen wir die Stellungen an, die der Feind etwa in Höhe der Dörfer Consenvoye-Azannes seit anderthalb Jahren mit allen Mitteln der Befestigungskunst ausgebaut hatte, um eine für uns unbequeme Einwirkung auf unsere Verbindungen im nördlichen Teil der Woevre zu behalten. Der Angriff stieß in der Breite von reichlich 10 Kilometer, in der er angesetzt war, bis zu 3 Kilometer Tiefe durch. Neben sehr erheblichen blutigen Verlusten büßte der Feind mehr als 3000 Mann an Gefangenen und zahlreiches noch nicht übersehbares Material ein.
Im Oberelsaß führte der Angriff westlich Heidweiler zur Fortnahme der feindlichen Stellungen in einer Breite von 700 und einer Tiefe von 400 Meter, wobei etwa 80 Gefangene in unserer Hand blieben.
In zahlreichen Luftkämpfen jenseits der feindlichen Linie behielten unsere Flieger die Oberhand.
Östlicher und Balkankriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Italienische Vorstellungen bei Durazzo erobert

Wien, 23. Februar.  
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Nordwestlich von Tarnopol schlugen unsere Sicherungstruppen russische Vorstöße gegen die schon wiederholt genannten vorgeschobenen Feldwachverschanzungen ab. Sonst keine besonderen Ereignisse.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die lebhaften Artilleriekämpfe an der küstenländischen Front dauern fort. Hinter den feindlichen Linien wurden größere Brände beobachtet.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Südöstlich von Durazzo wurde der Gegner aus einer Vorstellung geworfen. Ein österreichisch-ungarischer Flieger bewarf die im Hafen von Durazzo liegenden italienischen Schiffe mit Bomben. Ein Transportschiff wurde in Brand gesetzt und sank.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der französische Heeresbericht:

Paris, 23. Februar.
Amtlicher Bericht von gestern nachmittag:
Im Artois hat der Feind nach einer heftigen Beschießung, die schon gestern gemeldet worden ist, gegen Ende des Tages einen starken Angriff auf unsere Stellungen am Walde von Givenchy unternommen. Er ist in unsere Gräben erster Linie eingedrungen, die auf einer Front von etwa 800 Meter vollständig zerstört waren, und an einigen Punkten in unseren zweiten Graben, von dem er nach einem Gegenangriff von unserer Seite nur noch einige Teile besetzt hält. Der Feind, dessen Stärke auf sieben Bataillone geschätzt wird, erlitt durch unser Sperrfeuer und durch das Feuer der Infanterie und Maschinengewehre beträchtliche Verluste. Südöstlich von Relincourt hat der Feind eine Mine zum Springen gebracht, deren Trichter wir besetzt haben. Nach verstärkter Artillerietätigkeit in der Gegend von Verdun haben die Deutschen gegen Tagesende unsere Stellungen östlich von Brabant-sur-Meuse zwischen den. Walde von Haunet und Herbebois angegriffen. Sie faßten in einigen Teilen unserer vorgeschobenen Gräben Fuß, stießen aber nicht bis zu dem zweiten Graben vor. Sie wurden durch unsere Gegenangriffe zurückgeworfen. Wir machten etwa 50 Gefangene. Östlich von Seppois wurden zwei Angriffe der Deutschen abgeschlagen. Ziemlich starke Artillerietätigkeit an der Front bei Chapelotte und Ban-de-Sapt. Ein "Zeppelin"Luftschiff überflog gestern Lunéville und warf einige Bomben ab, die wenig Sachschaden anrichteten. Verfolgt von unseren Fliegern wandte es sich nach Metz.

Amtlicher Bericht von Dienstag abend:
In Belgien Beschießung der feindlichen Schützengräben östlich von Boesinghe. Im Artois verhinderte sehr reichlicher Schneefall jede Angriffsbewegung. In der Champagne führten wir ein Zerstörungsfeuer auf die feindlichen Werke westlich von Havarin aus. In der Gegend nördlich von Verdun richteten die Deutschen nach heftiger Beschießung auf beiden Maasufern im Laufe des Tages eine Reihe äußerst heftiger Infanterieangriffe gegen unsere Front zwischen Brabant-sur-Meuse und Herbebois. Alle Angriffe gegen Brabant und Herbebois wurden abgeschlagen. Zwischen diesen beiden Punkten konnte der Feind unter beträchtlichen Verlusten für ihn den Wald von Haumont und einen Vorsprung besetzen, den unsere Linie nördlich von Beaumont bildet. Nordwestlich von Fromezey verhinderte unser Sperrfeuer einen in der Vorbereitung begriffenen Angriff, sich zu entwickeln. Ziemlich lebhafte Tätigkeit der beiden Artillerien in der Gegend von Ban-de-Sapt und westlich von Altkirch.
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Asquiths Friedensbedingungen


Premierminister Asquith

London, 23. Februar. (Unterhaus.)
Asquith erwidert auf die Reden Snowdens und des früheren Ministers Trevelyan, der beim Ausbruch des Krieges sein Amt niedergelegt hatte, über die Voraussetzungen, unter denen es möglich wäre, den Krieg unter Erreichung des Kriegszieles der Alliierten zu beendigen. Asquith erklärte, der eigentliche Inhalt der Rede Snowdens sei, daß in Deutschland ein wahrhafter Wunsch nach Frieden bestehe. Worauf stütze sich nun diese Behauptung? Da sei die jüngste Debatte im Reichstag und die Rede des Kanzlers, der gesagt zu haben scheine, er sei durchaus gewillt, eine Annäherung von anderer Seite willkommen zu heißen. Jedermann würde bereit sein, Annäherungen von anderer Seite willkommen zu heißen, aber der Kanzler habe nicht angedeutet, daß er bereit sei, die Initiative zu ergreifen, und da er seine Erklärung dadurch ergänzt zu haben scheine, daß er den Abgeordneten sagte, Deutschland habe sich nicht als Feind aller Nationen erwiesen (jenes Deutschland, das Belgien vernichtet und verwüstet und sein Bestes getan habe, auch Serbien, Montenegro und Polen zu vernichten und zu verwüsten), so könne eine solche Erklärung in solchem Zusammenhang nur als eine gewaltige schamlose Kühnheit bezeichnet werden. "Ich würde", fuhr Asquith fort, "den imaginären Friedensbedingungen des Kanzlers mehr Gewicht beilegen, wenn ihre Sprache auf Gründen beruhte, die nicht von so durchsichtiger Heuchelei und Nutzlosigkeit wären. Trevelyan hat gefragt, warum ich die Friedensbedingungen nicht mitteile." In Beantwortung dieser Frage beendete Asquith seine Rede mit einem Schlußwort, welches das Haus, das den Reden Snowdens und Trevelyans mit Schweigen zugehört hatte, in die tiefste Erregung versetzte. Asquith sagte: "Ich habe in klaren, direkten, verständlichen und gewichtigen Worten die Bedingungen mitgeteilt, unter denen wir in England gewillt sind, Frieden zu schließen. Ich will sie heute wiederholen. Unsere Alliierten sind mit ihnen vertraut und dem deutschen Reichskanzler sind sie wohl bekannt. Was ich am 9. November 1914 gesagt habe, wiederhole ich jetzt. Wir werden niemals das Schwert, das wir nicht leicht gezogen haben, wieder in die Scheide stecken, bis Belgien (und ich will hinzufügen, Serbien) (anhaltender Beifall) in vollem Maße alles und mehr als alles, das sie geopfert haben, wiedererlangen, bis Frankreich ausreichend gegen einen Angriff gesichert ist, bis die Rechte der kleineren Nationen Europas auf eine unangreifbare Grundlage gestellt sind und bis die Militärherrschaft Preußens gänzlich und endgültig vernichtet ist. Was fehlt hierbei noch an Klarheit und Deutlichkeit? Ich frage Trevelyan und den deutschen Kanzler, wie ich es noch verständlicher machen und was ich noch mehr tun soll, um ihn und alle unsere Feinde zu überzeugen, daß erst, wenn ein Friede auf diesen Grundlagen in Sicht und zu erreichen ist, und nicht eher wir oder einer unserer tapferen Alliierten auch nur ein Jota davon ablassen werden, diesen Krieg weiterzuführen." (Stürmischer Beifall.)
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Die "Westburn" versenkt

London, 23. Februar.
Lloyds meldet aus Teneriffa:
Der britische Dampfer "Westburn" wurde von der deutschen Prisenbesatzung aus dem Hafen geführt und versenkt.
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Neutralitätsbruch Portugals

Die deutschen Dampfer auf dem Tajo beschlagnahmt

Lissabon, 23. Februar. (Reuter-Meldung.)
Die Amtszeitung veröffentlicht ein Dekret, in welchem die Form der Benutzung deutscher, in portugiesischen Häfen internierter Schiffe durch die portugiesische Regierung geregelt wird. Portugiesische Besatzungen begaben sich heute an Bord der deutschen Schiffe, die im Tajo verankert sind, und hißten die portugiesische Flagge.
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Der 1. Weltkrieg im Februar 1916

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 4
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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