Wilson
über Amerikas Friedensmission

US-Präsident
Woodrow Wilson
New
York, 21. Mai. (Durch Funkspruch vom Vertreter des W. T. B.)
Wilson hielt am Sonnabend in Charlette (Nordkarolina) zur Feier
des 141. Jahrestages der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung
zu Mecklenburg (Nordkarolina) vor hunderttausend Zuhörern eine
Rede, in der er sagte, die Zeit sei für die Vereinigten Staaten
gekommen, ihre Dienste zur Herbeiführung des Friedens zwischen den
kriegführenden Ländern Europas anzubieten.
Wilson fuhr fort: "Europa hat sich in den Krieg verbissen wie
wir in den Frieden, um zu sehen, was aus diesen Dingen entsteht,
wenn sie in heiße Berührung miteinander geraten. Was Sie auf der
andern Seite vor sich gehen sehen, ist ein furchtbarer Prozeß,
durch den ein Kampf der Elemente in einem Gottesurteil in eine
Beiordnung und Zusammenarbeit der Elemente umgewandelt werden dürfte.
Ein interessanter Umstand in dieser Richtung ist, daß die
kriegerischen Prozesse stillstehen. Diese heißen Dinge, die
miteinander in Berührung stehen, machen keine großen Fortschritte
aufeinander zu. Wenn ihr nicht überwältigen könnt, so müßt ihr
beratschlagen. Hier in Amerika haben wir versucht, ein Beispiel dafür
aufzustellen, wie die ganze Welt auf der Grundlage von Freiheit,
Zusammenarbeit und Frieden zusammengebracht werden kann. Dieser große
Versuch, den wir in Amerika durchgemacht haben, ist eine Art von
prophetischem Muster für das Menschengeschlecht. Was wollt ihr tun
mit eurer Macht? Seid ihr im Begriffe, sie in Gewalt zu verwandeln
oder in den Frieden und die Rettung der Gesellschaft."
Wilson schloß: "Ich würde mich gern dem Gedanken hingeben, daß
der Geist dieser Stunde seinen Ausdruck fände in unserer
Vorstellung, daß wir dasselbe heilige Symbol des Rates, des
Preises, der Nachgiebigkeit und des rechtlichen Urteils vor den
Nationen der Welt aufrichten und wir sie so an die Stelle der
heiligen Schrift erinnern: Nach dem Wind, nach dem Erdbeben, nach
dem Feuer kommt die stille, sanfte Stimme der Menschlichkeit." 1)
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