Die
Beschlüsse der Pariser Wirtschaftskonferenz
London,
20. Juni. (Priv.-Tel.)
Reuter meldet:
Gestern abend wurde eine Mitteilung veröffentlicht bezüglich der
Beschlüsse der Pariser Wirtschaftskonferenz. Es heißt darin:
"Nachdem den Verbündeten der Kampf mit den Waffen trotz aller
Bemühungen, einen Zusammenstoß mit den Zentralmächten zu
vermeiden, aufgedrungen worden ist, bereiten sie sich in
gemeinschaftlicher Überlegung auf einen Kampf auf wirtschaftlichem
Gebiete vor, der nicht allein den Frieden überdauern, sondern jetzt
schon in seinem vollen Umfange seine ganze Kraft erreichen soll. Der
Feind hat offenbar die Absicht, die Herrschaft über die Produktion
und die Märkte der ganzen Welt zu erlangen und anderen Völkern ein
unerträgliches Joch aufzuerlegen. Gegenüber einer solchen schweren
Gefahr halten es die Regierungen der Ententemächte für ihre
Pflicht, alle Maßnahmen zu treffen, die nötig sind, um einerseits
für sich selbst und für alle neutralen Märkte die vollkommene
wirtschaftliche Unabhängigkeit und die Achtung gesunder
Handelspraxen zu garantieren und um andererseits die Organisation
ihres wirtschaftlichen Verbandes auf einer dauerhaften Grundlage zu
sichern. Die Konferenz ist deshalb zu der Entschließung gekommen,
eine Anzahl von Beschlüssen der Billigung der Regierungen der
Ententemächte zu unterbreiten."
Diese Beschlüsse beziehen sich zunächst auf die Kriegszeit. Sie
enthalten das Verbot jeglichen Handels in feindlichen Ländern, mit
feindlichen Untertanen, Personen und Firmen, die unter feindlichem
Einfluß stehen. Auch wird bestimmt, daß Kontrakte, die mit
feindlichen Untertanen geschlossen worden sind, und die nachteilig für
die Interessen der Verbündeten sind, bedingungslos für null und
nichtig erklärt werden. Die Verbündeten werden weiterhin die Maßregeln,
die bereits getroffen wurden, um die feindlichen Zufuhren
aufzuhalten, vervollständigen, indem die Konterbandeliste und die
Ausfuhrverbote vereinheitlicht werden. Weiter werden Konzessionen
zur Ausfuhr nach neutralen Ländern, von denen aus die Ausfuhr nach
feindlichen Ländern möglich ist, nur dann gegeben werden, wenn
kontrollierende Körperschaften in diesen neutralen Ländern
bestehen, die durch die Verbündeten gutgeheißen worden sind, oder
wenn in Ermangelung solcher Körperschaften besondere Garantien
gegeben werden, so z. B. die Einschränkung der ausführenden
Mengen, Kontrolle durch Konsularbeamte der Entente usw. Die weiteren
Beschlüsse beziehen sich auf Übergangsmaßregeln für die Periode
der Wiederherstellung der verbündeten Länder hinsichtlich ihres
Handels, ihrer Industrie, ihres Landbaus und ihrer Schiffahrt Die
Ententemächte beschließen die Wiederherstellung dieser Länder,
die durch Verwüstung und unrechtmäßige Requisitionen gelitten
haben. In erster Linie soll ihnen mit Rohmaterialien, Industrie- und
Landbaueinrichtungen geholfen werden und die Handelsflotte der
Entente soll ihnen zur Verfügung gestellt werden, um ihnen bei
ihrer Wiederaufrichtung zu helfen. Ein zweiter Beschluß geht dahin,
daß das Vorrecht der meistbegünstigten Nation während einer Reihe
von durch nähere Übereinkunft festzustellenden Jahren keiner der
feindlichen Mächte bewilligt werden soll. Drittens beschließen die
Verbündeten, sich gegenseitig den Vorrang zu geben in der Zufuhr
der natürlichen Hilfsmittel, die zur Wiederaufrichtung auf dem
Gebiete des Handels, der Industrie, des Landbaues und der Schiffahrt
nötig sind. Besondere Regelungen werden diesbezüglich getroffen.
Viertens werden die Verbündeten zum Schutze ihres Handels, ihrer
Industrie, ihres Landbaus und ihrer Schiffahrt gegen wirtschaftliche
Bedrohungen durch Überfüllung der Märkte oder andere Praktiken
auf dem Gebiete des unlauteren Wettbewerbs eine Zeitperiode
festsetzen, während welcher der Handel der feindlichen Mächte
besonderen Bestimmungen unterworfen werden soll. Ihre Artikel sollen
entweder dem Einfuhrverbot unterliegen oder einem anderen
zweckentsprechenden System. Besondere Bedingungen sollen ebenso für
die Schiffe der feindlichen Länder gestellt werden.
Die letzte Reihe von Beschlüssen bezieht sich auf dauerhafte Maßregeln
zur gegenseitigen Unterstützung und Zusammenarbeit. Dies soll
geschehen, indem die Verbündeten unverweilt Schritte tun, um sich
von feindlichen Ländern hinsichtlich der Rohstoffe und Fabrikate,
die für die normale Entwicklung ihrer Industrie notwendig sind,
unabhängig zu machen, und indem sie sich auf finanziellem, Handels
und Schiffahrtsgebiet organisieren. Andere Beschlüsse betreffen die
Verbesserung des Land und Seetransportes, die Verkehrsverbindungen
zwischen den Alliierten, dann Einheitlichkeit der Gesetze für
Patentrecht, Schutzmarken, Ursprungszeugnisse, Urheberrecht usw.
Der Schlußsatz lautet: "Die verbündeten Machte haben
beschlossen, sich gemeinschaftlich gegen den Feind zu verteidigen
und eine gemeinschaftliche Wirtschaftspolitik auf Grund von
Prinzipien anzunehmen, die in den bekannten Beschlüssen enthalten
sind. Ferner wird erkannt, daß die Wirkung dieser Politik durchaus
davon abhängig ist, daß die Beschlusse sofort in Kraft treten. Die
Vertreter der verbündeten Regierungen übernehmen daher die
Aufgabe, diese Beschlusse sofort ihren Regierungen zu empfehlen und
ihnen weiterhin anzuraten, ohne Aufenthalt alle Maßregeln, sei es
vorläufiger oder permanenter Art, zu treffen, die nötig sind, um
direkt eine vollkommene Wirkung dieser Politik zu sichern."
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