Der Weltkrieg am 1. Juli 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Französische Angriffe gegen Thiaumont gescheitert


Kurt Wintgens

Großes Hauptquartier, 1. Juli.
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Die an vielen Stellen auch nachts wiederholten englisch-französischen Erkundungsvorstöße sind überall abgewiesen, Gefangene und Material blieben mehrfach in unserer Hand. Die Vorstöße wurden durch starkes Feuer, durch Gasangriffe oder Sprengungen eingeleitet.
Heute früh hat sich beiderseits der Somme die Gefechtstätigkeit erheblich gesteigert.
Nordöstlich von Reims und nördlich von Le Mesnil scheiterten kleinere Unternehmungen der feindlichen Infanterie. 
Westlich der Maas fanden örtliche Infanteriekämpfe statt Auf dem Ostufer versuchte der Feind unsere Stellungen auf der "Kalten Erde", am und im Panzerwerk Thiaumont wieder zu nehmen, indem er, ähnlich wie am 22. und 23. Mai gegen den Douaumont, starke Massen zum Sturm ansetzte. Ebenso wie damals hat er auf Grund unwesentlicher örtlicher Anfangserfolge die Wiedereroberung des Werkes in seinen amtlichen Veröffentlichungen von heute nacht voreilig gemeldet. In Wirklichkeit ist sein Angriff überall unter schwersten Verlusten gescheitert. Seine an einzelnen Stellen bis in unsere Linien vorgeprellten Leute wurden gefangen; insbesondere haben das ehemalige Panzerwerk nur Gefangene betreten.
Deutsche Patrouillenunternehmungen nördlich des Waldes von Parroy und westlich von Senones waren erfolgreich.
Seine Majestät der Kaiser hat dem Leutnant Wintgens, der gestern südwestlich von Château-Salins einen französischen Doppeldecker abschoß, in Anerkennung der hervorragenden Leistungen im Luftkampf den Orden Pour le Mérite verliehen. 
Durch Geschützfeuer wurden ein feindliches Flugzeug bei Bras, durch Maschinengewehrfeuer ein anderes in Gegend des Werkes Thiaumont außer Gefecht gesetzt. 
Feindliche Geschwaderangriffe auf Lille verursachten keine militärischen Verluste, wohl aber haben sie, besonders in der Kirche St. Sauveur erhebliche Opfer unter der Bevölkerung gefordert, die an Toten und Verwundeten 50 übersteigen. Ebenso wurden in den Städten Douai, Bapaume, Péronne und Nesle durch französisches und englisches Feuer sowie Fliegerbomben zahlreiche französische Einwohner getötet oder verwundet.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: 
Westlich von Kolki, südwestlich von Sokul und bei Wiczyny wurden russische Stellungen genommen. Westlich und südwestlich von Luck sind für uns erfolgreiche Kämpfe im Gange. An Gefangenen haben die Russen hier gestern 15 Offiziere, 1365 Mann, seit dem 16. Juni 26 Offiziere, 3165 Mann eingebüßt.
Bei der Armee des Generals Grafen von Bothmer hat der Feind vergeblich südöstlich von Tlumacz geführte Kavallerie-Attacken mit schweren Verlusten bezahlen müssen.
Balkankriegsschauplatz: 
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)


Aus dem "Dresdner Anzeiger" vom 27. 9. 16:
"Der Heldentod des Fliegerleutnants Wintgens"

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 1. Juli.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz: 
Bei Tlumacz wurden österreichisch-ungarische Truppen der Armee des Generals Grafen von Bothmer von einer drei Kilometer breiten und sechs Glieder tiefen Reitermasse attackiert; der Feind wurde zersprengt und erlitt schwere Verluste. Sonst in Ostgalizien und in der Bukowina nichts von Bedeutung. In Wolhynien schreiten die Angriffe der verbündeten Armeen vorwärts; sie drängen den Feind südlich von Ugrinon, westlich von Torczyn und bei Sokul zurück.
Seit Anfang Juni sind südlich des Pripjet 158 russische Offiziere, 23 025 Mann, mehrere Geschütze und 90 Maschinengewehre eingebracht worden. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Auf der Hochfläche von Doberdo ließ die Gefechtstätigkeit im nördlichen Abschnitt nach den heftigen Kämpfen, in denen unsere Truppen alle ihre Stellungen behaupteten, wesentlich nach. Im südlichen Abschnitt dagegen setzten die Italiener ihre Angriffe und, nachdem diese abgeschlagen waren, das sehr lebhafte Geschützfeuer fort. An Gefangenen wurden 5 Offiziere, 105 Mann abgeschoben. An der Kärntner Front griffen Alpiniabteilungen nördlich des Seebachtales vergeblich an. 
Zwischen Brenta und Etsch scheiterten feindliche Vorstöße gegen unsere Stellungen im Raume der Cima Dieci und des Monte Zebio, dann gegen den Monte Interotto, am Pasubio, im Brandtal und am Zugnarücken.
Arco stand unter dem Feuer italienischer Geschütze. Unsere Seeflugzeuge belegten die vom Feinde belegten Ortschaften San Canziano, Bestrigno und Staranzano, sowie die Adriawerke ausgiebig mit Bomben.
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Nichts Neues.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 1. Juli. (W. B.) 
Das Hauptquartier teilt mit: 
An der Irakfront ist die Lage unverändert. 
An der persischen Grenze versuchten die aus Kerend vertriebenen russischen Streitkräfte westlich von Kesrevabad, zwischen Kerend und Harunabad, auf der Straße nach Kermanschah Widerstand zu leisten. Nach achtstündigem Kampfe wurden die Russen zur Flucht in Richtung auf Harunabad gezwungen, nachdem sie schwere Verluste erlitten hatten. Unsere Truppen setzten die Verfolgung fort. 
Kaukasusfront: Auf dem rechten Flügel und im Zentrum kein Ereignis, abgesehen von einem unbedeutenden Feuergefecht. Im Zentrum wurde ein feindlicher Flieger, der den Angriff des ihm entgegengeschickten Fliegers fürchtete, zur Landung gezwungen. Auf dem linken Flügel versuchte der Feind mit einem Teil seiner Streitkräfte einen Angriff gegen einige früher von ihm verlassene Stellungen. Der Angriff mißglückte. Unsere Truppen besetzten im Gegenangriff die vom Feinde besetzte beherrschende Höhe. Während des Kampfes erbeuteten wir drei Maschinengewehre. Die Zahl der dem Feinde während der Kämpfe auf dem linken Flügel abgenommenen Maschinengewehre ist auf zehn gestiegen. - Sonst ist nichts zu melden.

 

Eine neue Finanzkonferenz der Entente

Paris, 1. Juli. (Priv.-Tel.) 
Der russische Finanzminister Bark und der Chef des Generalstabes General Beljaew, sind gestern in Paris eingetroffen. Wie die Pariser Zeitungen mitteilen, werden auch der englische und der italienische Finanzminister zu einer gemeinsamen Konferenz mit Ribot erwartet. Den Hauptgegenstand der Konferenz wird, wie das "Journal de Paris" verrät, die durch die lange Dauer des Krieges verschärfte Geldnot Rußlands bilden.

 

Die Lage in Griechenland

Paris, 1. Juli. (Priv.-Tel.) 
Wie Havas aus Athen meldet, hat der König ein Dekret unterzeichnet, nach dem die Demobilisierung am 18. August beendet sein solle, der englische Gesandte habe jedoch im Namen der Alliierten die Regierung aufgefordert, die Frist stark abzukürzen; daraufhin soll die Regierung zugesagt haben, daß die Demobilisierung Ende Juli vollzogen sein werde.
Einige ententefreundliche griechische Offiziere, so Oberstleutnant Gravanis, sind zur Genugtuung der veniselistischen Presse in die französische Salonikarmee übergetreten. Für die Stimmung des Heeres und des Volkes von Griechenland viel bezeichnender erscheinen aber die Kundgebungen der Reservisten, die dem "Temps" zufolge in den letzten Tagen in Athen, Nauplia, Tripolis, Argos und Korinth stattfanden. Große Züge bewegten sich unter Rufen "Nieder mit Veniselos, dem Vaterlandsverräter, der ans Ausland verkauft ist", durch die Straßen. Den Kaufleuten, die als Anhänger von Veniselos galten, wurden die Schaufenster Zertrümmert. Diese Ereignisse werden als Vorspiel des Wahlkampfes angesehen.

 

Der 1. Weltkrieg im Juli 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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