Der Weltkrieg am 19. Juli 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Longueval und der Delvillewald den Engländern wieder entrissen

Großes Hauptquartier, 19. Juli. 
Westlicher Kriegsschauplatz:
Im Sommegebiet wurden gestern abend das Dorf Longueval und das südlich an das Dorf anstoßende Gehölz Delville von dem Magdeburger Infanterie-Regiment Nr. 26 und dem Altenburger Regiment in hartem Kampfe den Engländern wieder entrissen, die neben großen blutigen Verlusten, acht Offiziere, 280 Mann an Gefangenen einbüßten und eine beträchtliche Zahl Maschinengewehre in unserer Hand ließen. 
Feindliche Angriffe gegen unsere Stellungen nördlich Ovillers sowie gegen den Südrand von Pozières werden bereits durch Sperrfeuer unterbunden und hatten nirgends den geringsten Erfolg. 
Südlich der Somme scheiterten französische Teilangriffe nördlich von Barleux und bei Belloy, an anderen Stellen kamen sie über die ersten Ansätze nicht hinaus. 
Nördlich von Bau de Sapt war eine deutsche Patrouillenunternehmung erfolgreich. Rechts der Maas setzte der Feind seine vergeblichen Anstrengungen gegen unsere Linien auf der "Kalten Erde" fort.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Südlich und südöstlich von Riga haben unsere tapferen Regimenter die wiederholten, mit verstärkten Kräften geführten russischen Angriffe unter ungewöhnlich hohen Verlusten für den Feind zusammenbrechen lassen.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Die Lage an der Front ist unverändert. Auf die Bahnhöfe Horodzieja und Pogorielzy der mit Truppentransporten belegten Strecke Minsk Richtung Baranowitschi wurden von unseren Fliegergeschwadern erfolgreich zahlreiche Bomben abgeworfen.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: 
Teilweise lebhaftere Feuertätigkeit des Gegners besonders am Stochod, sowie westlich und südwestlich von Luck.
Armee des Generals Grafen v. Bothmer:
Keine besonderen Ereignisse.
Balkankriegsschauplatz:
Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Fliegerangriff auf den Kriegshafen von Reval

Berlin, 19. Juli.
Am 18. Juli früh griffen deutsche Seeflugzeuge die im Kriegshafen von Reval liegenden feindlichen Kreuzer, Torpedoboote, U-Boote und dortigen militärischen Anlagen mit Bomben an. Zahlreiche einwandfreie Treffer werden auf den feindlichen Streitkräften erzielt, so auf einem U-Boot allein vier. In den Werftanlagen wurden große Brandwirkungen hervorgerufen. Trotz starker Beschießung von Land aus und trotz versuchter Gegenwirkung durch feindliche Flugzeuge kehrten unsere Seeflugzeuge sämtlich unversehrt zu den sie vor dem Finnischen Meerbusen erwartenden Seestreitkräften zurück. Obwohl letztere infolge großer Sichtigkeit sehr frühzeitig vom Lande beobachtet und durch feindliche Flugzeugaufklärung festgestellt waren, zeigten sich keine feindlichen Seestreitkräfte.

Der Chef des Admiralstabes der Marine. 1)

 

Die militärische Lage

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt:
Durch die im Kampfraum von Riga unternommenen großangelegten Angriffe starker russischer Kräfte hat sich der Druck auf die deutsche Gesamtfront im Westen und Osten abermals verstärkt. Das Bestreben der Entente, einheitlich anzugreifen und durch die notwendige Teilung der Hauptkräfte der Verteidiger eine siegreiche Entscheidung für die Entente zu erleichtern, ist seit einer Weile zur Verwirklichung gelangt; zwar vermochten unsere Gegner nicht gleichzeitig auf allen Fronten überraschend vorzubrechen - wir kamen ihnen störend zuvor - aber es gelang ihnen doch, gleichzeitige Angriffsschlachten an den Hauptfronten in Gang zu bringen. Aber was ist der Erfolg? Wir können nur von einem vorläufigen Ergebnis sprechen, jedoch von einem Ergebnis, das für die Endentscheidung maßgeblich sein wird. Es ist dies: trotz der Ungunst der Lage, trotz unerhörter konzentrischer Angriffe halten unsere Hauptlinien überall stand Im Südosten waren zwar beträchtliche Frontveränderungen nötig und im Westen gelang es dem Feind, einiges Gelände zu gewinnen, aber das Entscheidende ist: die einheitliche felsenfeste Position der Zentralmächte hat sich nicht nur trotz der Riesenkraft, die sich dagegen anstemmt, unverändert erhalten, sondern wir haben einen mächtigen Überschuß an Truppenmacht: der Angriff vor Verdun dauert erfolgreich fort.
Das Ergebnis des letzten Kampftages ist: schwerste Verluste der Russen bei zahlreichen Massenstürmen, die zum Teil sogar ohne Artillerievorbereitung überraschend angesetzt worden sind, die aber dem Feind keinerlei Fortschritt gestattet haben. Die Lage im Osten ist unverändert. Die russische Meldung, die angibt, es sei den Russen gelungen, auf das Südufer der Lipa vorzudringen, ist wie wir hören, unwahr. Im Westen hat sich an der Gesamtlage gleichfalls nichts geändert. Während an vielen Stellen der Front die Patrouillentätigkeit emsig fortgesetzt worden ist, haben unsere Truppen neue starke Angriffe der Feinde auf beiden Ufern der Somme abgewiesen. Durch Gegenstoß verloren die Engländer einen Teil ihres kürzlich gemeldeten Geländegewinns, indem wir den vom Feind zäh verteidigten Wald dicht östlich von Longueval und dieses Dorf selbst zurückeroberten. Man erinnert sich, daß auf dem Nordufer der Somme unsere Front doppelt gewinkelt ist, einmal in der Gegend von Fricourt, und einmal bei Longueval. Von Fricourt nach Longueval ragt die feindliche Linie am weitesten in unsere Front hinein. Hier ist der Feind energisch aufgehalten worden. Die Erstürmung dieser Ecke hatte die Feinde Ströme von Blut gekostet - dieser wichtige Teil ihres bisherigen überaus teuer erkauften Gewinns ist den Engländern wieder entrissen worden. Bei Verdun sind die kürzlich verlorenen Grabenteile im Kampfabschnitte von Fleury seit gestern wieder in deutscher Hand. Neue Stürme auf Thiaumont und Fleury sind gescheitert. Die Franzosen haben auch gestern keinerlei Vorteile erlangt.
Zur See liegt ein neues Ereignis vor: die russische Flotte hat eine sehr deutliche deutsche Herausforderung mit Stillschweigen übergangen. Deutsche Seestreitkräfte erschienen am 18. Juli vor dem Finnischen Meerbusen und entsandten ein Flugzeuggeschwader in den Kriegshafen von Reval, wo durch Bombenabwürfe erheblicher Schaden angerichtet worden ist. Die russische Flotte, die sich gerade in letzter Zeit wiederholt verschiedener kleiner Patrouillenfahrten in der Ostsee gerühmt und vermutlich im Vertrauen auf ihre neuerbauten Dreadnoughts - den Anschein einer gewissen Kühnheit und Unternehmungslust zu erwecken versucht hat, zeigte keine Neigung, sich auf den angebotenen Kampf einzulassen. Das verdient bemerkt zu werden.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Russen bei Delatyn über den Pruth zurückgetrieben

Wien, 19. Juli. 
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Keine Änderung Südwestlich von Moldawa wurden wieder einige russische Vorstöße
abgeschlagen. Im Berg- und Waldgebiet von Jablonica und Zabie löste sich der Kampf in zahlreiche Einzelgefechte auf.
Südwestlich von Delatyn trieben unsere Truppen russische Abteilungen, die auf das Westufer des Pruth vorgedrungen waren, über den Fluß zurück, wobei 300 Gefangene und zwei Maschinengewehre erbeutet wurden. Weiter nördlich nichts von Belang.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Nach neuerlicher heftiger Artillerievorbereitung griffen die Italiener unsere Stellungen südöstlich des Borcolapasses dreimal mit starken Kräften an. Diese Angriffe werden mit Handgranaten, Maschinengewehrfeuer und Steinlawinen blutig abgewiesen. An der Kärntner Front hält das lebhafte Geschützfeuer im Fella- und Raiblerabschnitt an. Ein Nachtangriff von Alpiniabteilungen im Gebiet des Mittagskofels scheiterte nach hartnäckigem Kampf an der Zähigkeit der Verteidiger, die ein feindliches Maschinengewehr in Händen behielten. Tarvis stand abends unter Geschützfeuer. An der Isonzofront wirkte die italienische Artillerie vornehmlich gegen die Hochfläche von Doberdo.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Schwere Niederlage der Italiener in Tripolis

Konstantinopel, 19. Juli. 
Aus den neuen Nachrichten über die mit Erfolg ausgeführten militärischen Operationen gegen die Italiener in Tripolis und gegen die Engländer im Westen von Ägypten geht hervor, daß Nury Bei, der als Pascha die Operationen der ottomanischen Freiwilligen in diesen Gegenden leitet, sich entgegen dem englischen Bericht, der seinen Tod in einer der letzten Schlachten meldet, am Leben befindet und glänzend seine Aufgabe erfüllt. In dem letzten Gefecht, das er den Italienern in der Umgegend von Misrata lieferte und das mit einer Niederlage derselben endete, nahm er den Italienern 200 Offiziere, 6000 Soldaten und 24 Geschütze ab. Die Ortschaften Mißrata und Djedahie befinden sich im Besitz der Freiwilligen. Zwischen den beiden Ortschaften und der Küste steht kein Italiener mehr. Unsere Freiwilligen befinden sich im Westen von Ägypten in für sie siegreichen Kämpfen, über die wir noch keine Einzelheiten erhalten haben. 
An der Irakfront hat sich im Abschnitt von Felahie nichts geändert. Am 14. Juli griff eines unserer Kampfflugzeuge ein englisches Flugzeug an und beschoß es. Dieses wurde beschädigt und stürzte hinter den feindlichen Linien ab. Im Euphratabschnitt machten unsere Freiwilligen und fliegenden Abteilungen gelungene Überfälle auf feindliche Lager und Etappenlinien. Sieben vollkommen mit Lebensmitteln beladene Schiffe wurden von uns auf den Etappenstraßen erbeutet. Nach den letzten von Ibn Sud Reschid Pascha erhaltenen Nachrichten, der als Oberbefehlshaber unsere Hauptstreitkräfte und Freiwilligen befehligt, die in den Gegenden von Nedjd und Zubair operieren, sind die in der Umgebung von Bassorah angetroffenen englischen Abteilungen besiegt worden. Außerdem wurde ein englisches Flugzeug abgeschossen und erbeutet. 
An der Kaukasusfront fanden auf dem rechten Flügel Scharmützel unserer vorgeschobenen Abteilungen und Angriffe der beiderseitigen Erkundungsabteilungen statt. Auf dem linken Flügel keine Veränderung. - Ein feindliches Flugzeug warf wirkungslos drei Bomben auf die Umgebung des Bahnhofes von Bulair ab. Es wurde durch das Feuer unserer Artillerie in die Flucht gejagt. 
Unsere an der persischen Front gegen die Russen fortschreitenden Bewegungen entwickeln sich zu unseren Gunsten unter der Beihilfe der persischen Mudjahids.
Diese sind dank den Bemühungen Nizam el Saltanehs, der sie unter seinem Oberbefehl vereinigt hat und einen ausgezeichneten Generalstab besitzt, vortrefflich organisiert worden und operieren erfolgreich gegen den gemeinsamen Feind. Sie leisten unseren Truppen durch ihre Beihilfe sehr wertvolle Dienste. Wenn dank der Gnade des Allmächtigen dieser allgemeine Krieg durch unseren vollständigen Sieg gekrönt sein wird, werden diese wertvollen Anstrengungen der Mudjahids zur Befreiung Persiens von der russischen und englischen Gewaltherrschaft in goldenen Lettern auf den Seiten der ottomanischen und persischen Geschichte verzeichnet werden. Was unsere bei dieser Gelegenheit gemachten Anstrengungen betrifft, so haben sie nur den Wunsch zum Ziel, unseren mohammedanischen Nachbar Persien für immer im Genusse voller und unbeschränkter Freiheit zu sehen. Sie sind begründet durch die aufrichtige Überzeugung, die wir in betreff seines glücklichen künftigen Schicksals hegen.

 

Der 1. Weltkrieg im Juli 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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