Die
militärische Lage
Die
"Frankfurter Zeitung" schreibt:
Durch die im Kampfraum von Riga unternommenen großangelegten
Angriffe starker russischer Kräfte hat sich der Druck auf die
deutsche Gesamtfront im Westen und Osten abermals verstärkt. Das
Bestreben der Entente, einheitlich anzugreifen und durch die
notwendige Teilung der Hauptkräfte der Verteidiger eine siegreiche
Entscheidung für die Entente zu erleichtern, ist seit einer Weile
zur Verwirklichung gelangt; zwar vermochten unsere Gegner nicht
gleichzeitig auf allen Fronten überraschend vorzubrechen - wir
kamen ihnen störend zuvor - aber es gelang ihnen doch,
gleichzeitige Angriffsschlachten an den Hauptfronten in Gang zu
bringen. Aber was ist der Erfolg? Wir können nur von einem vorläufigen
Ergebnis sprechen, jedoch von einem Ergebnis, das für die
Endentscheidung maßgeblich sein wird. Es ist dies: trotz der
Ungunst der Lage, trotz unerhörter konzentrischer Angriffe halten
unsere Hauptlinien überall stand Im Südosten waren zwar beträchtliche
Frontveränderungen nötig und im Westen gelang es dem Feind,
einiges Gelände zu gewinnen, aber das Entscheidende ist: die
einheitliche felsenfeste Position der Zentralmächte hat sich nicht
nur trotz der Riesenkraft, die sich dagegen anstemmt, unverändert
erhalten, sondern wir haben einen mächtigen Überschuß an
Truppenmacht: der Angriff vor Verdun dauert erfolgreich fort.
Das Ergebnis des letzten Kampftages ist: schwerste Verluste der
Russen bei zahlreichen Massenstürmen, die zum Teil sogar ohne
Artillerievorbereitung überraschend angesetzt worden sind, die aber
dem Feind keinerlei Fortschritt gestattet haben. Die Lage im Osten
ist unverändert. Die russische Meldung, die angibt, es sei den
Russen gelungen, auf das Südufer der Lipa vorzudringen, ist wie wir
hören, unwahr. Im Westen hat sich an der Gesamtlage gleichfalls
nichts geändert. Während an vielen Stellen der Front die
Patrouillentätigkeit emsig fortgesetzt worden ist, haben unsere
Truppen neue starke Angriffe der Feinde auf beiden Ufern der Somme
abgewiesen. Durch Gegenstoß verloren die Engländer einen Teil
ihres kürzlich gemeldeten Geländegewinns, indem wir den vom Feind
zäh verteidigten Wald dicht östlich von Longueval und dieses Dorf
selbst zurückeroberten. Man erinnert sich, daß auf dem Nordufer
der Somme unsere Front doppelt gewinkelt ist, einmal in der Gegend
von Fricourt, und einmal bei Longueval. Von Fricourt nach Longueval
ragt die feindliche Linie am weitesten in unsere Front hinein. Hier
ist der Feind energisch aufgehalten worden. Die Erstürmung dieser
Ecke hatte die Feinde Ströme von Blut gekostet - dieser wichtige
Teil ihres bisherigen überaus teuer erkauften Gewinns ist den Engländern
wieder entrissen worden. Bei Verdun sind die kürzlich verlorenen
Grabenteile im Kampfabschnitte von Fleury seit gestern wieder in
deutscher Hand. Neue Stürme auf Thiaumont und Fleury sind
gescheitert. Die Franzosen haben auch gestern keinerlei Vorteile
erlangt.
Zur See liegt ein neues Ereignis vor: die russische Flotte hat eine
sehr deutliche deutsche Herausforderung mit Stillschweigen übergangen.
Deutsche Seestreitkräfte erschienen am 18. Juli vor dem Finnischen
Meerbusen und entsandten ein Flugzeuggeschwader in den Kriegshafen
von Reval, wo durch Bombenabwürfe erheblicher Schaden angerichtet
worden ist. Die russische Flotte, die sich gerade in letzter Zeit
wiederholt verschiedener kleiner Patrouillenfahrten in der Ostsee
gerühmt und vermutlich im Vertrauen auf ihre neuerbauten
Dreadnoughts - den Anschein einer gewissen Kühnheit und
Unternehmungslust zu erwecken versucht hat, zeigte keine Neigung,
sich auf den angebotenen Kampf einzulassen. Das verdient bemerkt zu
werden.
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