Zum
zweiten Male kehrt der Tag wieder, an dem mich die Feinde zwangen,
Deutschlands Söhne zu den Waffen zu rufen, um die Ehre und den
Bestand des Reichs zu schützen. Zwei Jahre beispiellosen
Heldenmuts in Taten und Leiden hat das deutsche Volk durchmessen,
Heer und Flotte haben im Verein mit den treuen und tapferen
Bundesgenossen in Angriff und Abwehr den höchsten Ruhm erworben.
Viele Tausende unserer Brüder haben ihre Treue gegen das
Vaterland mit ihrem Blute besiegelt. In West und Ost bestehen
unsere heldenmütigen Feldgrauen in unerschütterlicher Festigkeit
den gewaltigen Ansturm des Gegners. Unsere junge Flotte hat am
ruhmreichen Tage von Skagerrak der englischen Armada einen harten
Schlag versetzt.
Leuchtend stehen mir die Taten nie ermüdenden Opfermutes und
treuer Kameradschaft an der Front vor Augen. Aber auch daheim ist
Heldenmut: bei Mann und Frau, bei jung und alt, bei allen, die
Trauer und Sorge still und tapfer tragen, die ordnen helfen, um
die Leiden des Krieges zu mildern, in der Arbeit derer, die Tag
und Nacht unermüdlich schaffen, um unsere kämpfenden Brüder im
Schützengraben und auf der See mit allem notwendigen Rüstzeug zu
versorgen. Die Hoffnung der Feinde, uns in der Herstellung von
Kriegsmitteln zu überflügeln, wird ebenso zuschanden werden wie
ihr Plan, durch Hunger zu erzwingen, was ihr Schwert nicht
erreichen kann. Aus Deutschlands Fluren lohnt Gottes Gnade des
Landmanns Fleiß mit reicherer Frucht, als wir zu hoffen wagten. Süd
und Nord wetteifern darin, die rechten Wege für eine brüderliche
Verteilung von Nahrung und anderem Lebensbedarf zu finden.
Allen, die draußen und Daheim für Volk und Heimat kämpfen und
streiten, ihnen allen gilt mein heißer Dank. Noch liegt Schweres
vor uns. Zwar regt sich nach den furchtbaren Stürmen zweier
Kriegsjahre die Sehnsucht nach dem Sonnenschein des Friedens in
jedem menschlichen Herzen. Aber der Krieg dauert fort, weil die
Losung der feindlichen Machthaber auch heute noch Deutschlands
Vernichtung ist. Auf unsere Feinde allein fällt die Schuld des
weiteren Blutvergießens.
Niemals hat mich die feste Zuversicht verlassen, daß Deutschland
trotz der Überzahl seiner Gegner unbezwingbar ist, und jeder Tag
befestigt sie aufs neue. Das deutsche Volk weiß, daß es um sein
Dasein geht. Es kennt seine Kraft und vertraut auf Gottes Hilfe.
Darum kann nichts seine Entschlossenheit und Ausdauer erschüttern.
Wir werden diesen Kampf zu einem Ende führen, das unser Reich vor
einem neuen Überfall schützt und der friedlichen Arbeit
deutschen Geistes und deutscher Hände für alle Zukunft freies
Feld sichert. Frei, sicher und stark wollen wir wohnen unter den Völkern
des Erdballs. Dieses Recht soll und wird uns niemand rauben.
Ich beauftrage Sie, diesen Erlaß zur öffentlichen Kenntnis zu
bringen.
Großes
Hauptquartier, den 31. Juli 1916.
Wilhelm
I. R.
An
den Reichskanzler. 1)