Der Weltkrieg am 27. September 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - BULGARISCHER HEERESBERICHT

Der 1. Weltkrieg: Ein schweres englisches Geschütz in Stellung bei Quéant
Ein schweres englisches Geschütz in Stellung bei Quéant
Aufnahme vom 27. September 1918

 Der deutsche Heeresbericht:

Der französisch-amerikanische Durchbruchsversuch zwischen Reims und Verdun

Großes Hauptquartier, 27. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In der Champagne zwischen den Höhen westlich der Suippes und der Aisne sowie nordwestlich von Verdun zwischen den Argonnen und der Maas haben Franzosen und Amerikaner gestern mit starken Angriffen begonnen.
Der Artilleriekampf dehnte sich über die Höhen westlich der Suippes nach Westen bis Reims, über die Maas nach Osten bis zur Mosel aus. Dort folgten nur Teilangriffe; sie wurden nach heftigen Kämpfen abgewiesen. Bei ihrer Abwehr östlich der Maas zeichneten sich auch österreichisch-ungarische Truppen aus.
An den Hauptangriffsfronten leitete gewaltiges Artilleriefeuer die Infanterieschlacht ein. Westlich der Aisne brach der Franzose, östlich von den Argonnen der Amerikaner unter Einsatz zahlreicher Panzerwagen gegen unsere Stellungen vor. Befehlsgemäß wichen unsere Vorposten kämpfend auf die ihnen zugewiesenen Verteidigungslinien aus. Bei Tahure und Ripont gelang es dem Gegner in seinen bis zum Abend fortgesetzten Angriffen über unsere vordere Kampflinie hinaus bis auf die Höhen nordwestlich von Tahure und bis Fontaine-en-Dormois vorzudringen. Hier riegelten Reserven den örtlichen Einbruch des Feindes ab. Mit besonderer Stärke führte er seine Angriffe gegen unsere Stellungen zwischen Auberive und südöstlich von Somme-Py. Sie brachen vor unseren Kampflinien unter schwersten Verlusten für den Feind zusammen. auch nördlich von Cernay scheiterten die bis zum Abend mehrfach wiederholten feindlichen Angriffe. In den Argonnen schlugen wir Teilangriffe des Gegners ab.
Zwischen den Argonnen und der Maas stieß der Feind über unsere vorderen Kampflinien hinaus bis Montblainville-Montfaucon und bis an den Maasbogen nordöstlich von Montfaucon vor. Hier brachten ihn unsere Reserven zum Stehen.
Der Feind konnte somit an einzelnen Stellen unsere Infanterie- und vorderen Artillerielinien erreichen. Der mit weitgesteckten Zielen unternommene große französisch-amerikanische Durchbruchsversuch ist am ersten Schlachttage an der Zähigkeit unserer Truppen gescheitert.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
1)

 

Englisch-amerikanische Massenangriffe in Richtung Cambrai - Feindlicher Geländegewinn

Berlin, 27. September, abends. (Amtlich.) 
Zwischen den von Arras und Péronne auf Cambrai führenden Straßen und gegen die Siegfried-Front westlich von Le Catelet haben Angriffe der Engländer und Amerikaner unter gewaltigem Einsatz an Truppen und Material begonnen. Der Angriff in Richtung auf Cambrai gewann Gelände. In der Champagne sowie zwischen Argonnen und Maas sind erneute schwere Angriffe der Franzosen und Amerikaner gescheitert.

 

Staatssekretär v. Hintze über die Vorgänge in Bulgarien


Staatssekretär v. Hintze

Berlin, 27. September. 
Im Hauptausschusse des Reichstages gab der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, v. Hintze, eine Erklärung über die Lage in Bulgarien ab, in der er u. a. sagte: 
Die Meldungen von der Front sind von der bulgarischen Regierung des Ministerpräsidenten Malinow offenbar zu ungünstig ausgelegt worden. Gestern vormittag ist in Sofia eine Pressenotiz erschienen, wonach Bulgarien dem Oberkommandierenden der Ententekräfte in Saloniki die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten und die Aufnahme von Friedensverhandlungen vorschlägt. Eine bulgarische Delegation, bestehend aus dem Finanzminister Liaptschew, dem General Lukow und dem Gesandten Radew, sollte angeblich bereits Mittwoch abend nach Saloniki abgereist sein. Aus den bisher vorliegenden unvollständigen Nachrichten läßt sich noch nicht mit Sicherheit erkennen, ob die bulgarische Regierung tatsächlich, wie sie zu behaupten scheint, im Einverständnis mit der bulgarischen Heeresleitung, dem bulgarischen Parlament und dem König gehandelt hat, oder ob sie mehr oder weniger auf eigene Faust vorgegangen ist. Im ganzen Lande macht sich eine starke Strömung gegen den Schritt des Ministerpräsidenten Malinow bemerkbar. Als Symptom ist bezeichnend, daß die bulgarische Friedensdelegation, die nach der erwähnten Pressenotiz angeblich vor Mittwoch abend abgereist sein sollte, bis gestern, Donnerstag mittag, Sofia noch nicht verlassen hatte. Eine Gegenaktion der bundestreuen Elemente scheint bevorzustehen.
Aus die ersten beunruhigenden Nachrichten von der mazedonischen Front hat die deutsche Oberste Heeresleitung sofort aus den verfügbaren Reserven starke Kräfte zur Unterstützung des Bundesgenossen nach Bulgarien geworfen. Zum Teil sind diese Verstärkungen bereits eingetroffen, zum Teil werden sie in den nächsten Tagen zur Stelle sein. Auch die österreichisch-ungarische Heeresleitung hat sehr namhafte Kräfte in Marsch gesetzt. Die deutschen und österreichisch-ungarischen Verbände werden nach dem Urteil der militärischen Sachverständigen durchaus genügen, um die militärische Lage wiederherzustellen. Trotz mancher hoffnungsvoller Momente ist die Lage aber heute noch zweifellos als ernst zu bezeichnen. Schon in wenigen Tagen wird man indessen klarer sehen. Ein Anlaß, die Bulgaren heute schon verloren zu geben, liegt weder für Bulgarien noch für uns vor.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 27. September.
Amtlich wird verlautbart:
An der Tiroler und venezianischen Gebirgsfront Artilleriekämpfe und Patrouillengeplänkel.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz nehmen österreichisch-ungarische Truppen an den Kämpfen östlich der Maas rühmenswerten Anteil.

  Der Chef des Generalstabes.

 

Der bulgarische Heeresbericht:

Sofia, 27. September.
Mazedonische Front:
Westlich des Wardar setzten unsere Einheiten ihre Bewegung nach Norden planmäßig fort. Östlich Veles wurde ein heftiger feindlicher Angriff abgewiesen. Englische Bataillone rückten nach Artillerievorbereitung gegen unsere Stellungen an der Wisoka Thuka nördlich des Dojransees vor; sie wurden jedoch durch Feuer zerstreut.

 

Wilson über das Ziel des Weltkrieges - Der Völkerbund

Wilson
Wilson

London, 27. September. 
Präsident Wilson hat heute, an. Tage vor Auflegung der vierten Freiheitsanleihe, in New York gesprochen und etwa folgendes ausgeführt: 
Während der vier Kriegsjahre ist der gemeinsame Wille der Menschheit an Stelle der Einzelziele von einzelnen Staaten getreten; es ist ein Völkerkrieg geworden. Die Alliierten sind einstimmig der Meinung, daß kein Friede durch eine Art Kauf mit den Mittelmächten geschlossen werden kann, weil sie bereits mit ihnen unterhandelt und sie als Unterhändler mit anderen Regierungen beobachtet haben, nämlich in Brest-Litowsk und in Bukarest. Der Preis für einen sicheren, dauerhaften Frieden ist unparteiische Gerechtigkeit, und das unentbehrliche Mittel dafür ist der Völkerbund, der auf Verträge gegründet ist, die eingehalten werden müssen. Die Bildung des Bundes und die Festlegung seiner Zwecke muß der wesentlichste Teil der Friedensverhandlungen selbst werden; die Vereinigten Staaten sind bereit, ihren vollen Anteil an der Verantwortlichkeit für die Handhabung der Abkommen auf sich zu nehmen, auf denen der Frieden künftig beruhen muß. Es ist eine besondere Arbeit dieses Krieges, daß, während die Staatsmänner zuweilen unsicher waren, die Völker immer gewisser wurden, wofür sie kämpfen. Die nationalen Zwecke traten in den Hintergrund, und das gemeinschaftliche Ziel der aufgeklärten Menschheit hat ihren Platz eingenommen.

 

Der 1. Weltkrieg im September 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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