Der Weltkrieg am 26. August 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

Ostfront 1915: Brest-Litowsk
Von den Russen niedergebrannter Stadtteil von Brest-Litowsk

 Der deutsche Heeresbericht:

Brest-Litowsk gefallen - Fliegerangriff auf Saarburg

Großes Hauptquartier, 26. August.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich von Beau Séjour in der Champagne wurde ein vorgestern besetzter Sprengtrichter gegen französische Angriffe behauptet.
Zwei feindliche Flugzeuggeschwader warfen gestern im Saartal oberhalb und unterhalb von Saarlouis Bomben, mehrere Personen wurden getötet oder verletzt; der Sachschaden ist unwesentlich. Vor ihrem Start waren die Geschwader in ihrem Hafen Nancy mit gutem Erfolge von unseren Fliegern angegriffen worden; außerdem büßten sie vier Flugzeuge ein; eines stürzte bei Bolchen brennend ab, Führer und Beobachter sind tot; eines fiel bei Rumilly mit seinen Insassen unversehrt in unsere Hände; ein drittes wurde von einem deutschen Kampfflieger bei Arracourt (nördlich von Lunéville) dicht vor der französischen Linie zur Landung gezwungen und von unserer Artillerie zerstört; das vierte landete im Feuer unserer Abwehrgeschütze bei Moivrons (südlich von Nomeny) hinter der feindlichen Front.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Bei Bausk und Schönberg (südöstlich von Mitau) haben sich Gefechte entwickelt.
Östlich und südöstlich von Kowno nehmen die Kämpfe ihren Fortgang. Vor Olita nähern sich unsere Truppen den Vorstellungen des Feindes. Zwischen Sejny und Merecz (am Njemen) wurde der Feind geworfen. Auch im Walde östlich von Augustow dringen Teile der Armee des Generalobersten v. Eichborn nach Osten vor.
Weiter südlich wird um den Berezowka-Abschnitt gekämpft, unsere Spitzen haben Bialystok erreicht. Die Armee des Generals v. Gallwitz warf den Feind vom Orlanka-Abschnitt (nördlich und südöstlich von Bielsk) zurück.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Der schwergeschlagene Feind flüchtete in das Innere des Bialowieskaforstes. Nur südlich des Forstes in der Gegend nordwestlich von Kamieniec-Litowsk hält er noch stand.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Die Festung Brest-Litowsk ist gefallen.
Während das österreichisch-ungarische Korps des Feldmarschalleutnants v. Arz gestern nachmittag nach Kampf zwei Forts der Westfront nahm, stürmte das brandenburgische XXII. Reservekorps die Werke der Nordwestfront und drang in der Nacht in das Kernwerk ein. Der Feind gab darauf die Festung preis.
Auf der ganzen Front der Heeresgruppe, vom Bialowieskaforst bis zum Sumpfgebiet am Pripjet (südöstlich von Brest-Litowsk) ist die Verfolgung im vollen Gange.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt dazu:
Drei Wochen haben die siegreich vormarschierenden Heere der Verbündeten gebraucht, um von Warschau und Iwangorod bis ins Zentrum der zweiten russischen Linie vorzustoßen, in die Festung Brest-Litowsk, deren Werke heute nacht im Sturme genommen wurden. Ein in der Kriegsgeschichte unerhörter Zug war dieser Marsch, der über Festungen hinweg, deren Widerstand nur nach Tagen bemessen war, über kunstvolle Feldstellungen, die der weichende Feind an jedem Flußlauf, jedem Sumpf- und Waldrand errichtete, hinter schwer erschütterten, aber immer noch zäh sich wehrenden Truppen nach Osten führte. Ganze Heere marschierten von Norden und Westen und Süden gegen die Festung los, die vor wenigen Wochen noch als unerschütterlicher Fels im brandenden Meer gepriesen wurde. Bald sahen freilich die Russen ein, daß diese Hoffnung trügerisch sein würde, und als Kowno und Nowo-Georgiewsk fielen, bereiteten sie die Welt darauf vor, daß Brest-Litowsk "geräumt" werden solle, wie Warschau und Iwangorod, damit das kostbare Material dem unwiderstehlichen Angreifer nicht in die Hände falle. Sicherlich haben die Russen auch schon vor einiger Zeit diese Räumung begonnen, die ihre früheren, noch vor kurzem öffentlich verkündeten Verteidigungspläne über den Haufen werfen mußte. Aber der Entschluß kam zu spät. Ehe sie die um Brest-Litowsk zusammengedrängten Armeen in Sicherheit bringen konnten, die aus wenigen Rückzugsstraßen nur langsam abfließen konnten, setzte der Sturm der Verbündeten ein, dem die Werke der Festung am Bug nicht länger Widerstand geleistet haben als die russischen Forts am Njemen, an der Weichsel und am Narew. Ein gewaltiges Werk ist getan. Deutschland und seine Verbündeten danken es den siegreichen Heeren, von denen vom Feldherrn bis zum Gemeinen jeder Mann das Äußerste geleistet hat.
Brest-Litowsk war wohl die stärkste der russischen Festungen, da es Herz und Hirn des mächtigen Festungssystems in Polen bedeutete. Monatelang war es das Hauptquartier des Großfürsten, der Deutschland mit halbasiatischen Reiterschwärmen zu überziehen träumte. Das sorgfältig angelegte Netz strategischer Bahnen das den russisch-polnischen Festungen als Rückgrat diente, lief in Brest-Litowsk zusammen, wo die beiden Hauptleitungen des Verkehrs, die zwei Linien, die Moskau mit dem Westen verbanden, zusammenmündeten. Mit der nördlichen Hauptlinie, der Petersburg-Warschau-Bahn, war Brest-Litowsk durch eine als erstklassige Linie ausgebaute Querbahn verbunden, die bei Bialystok einmündet; diese Linie ist schon vor einigen Tagen von deutschen Truppen durchschnitten worden. Nach Südosten führte eine ebenso ausgestattete Linie nach den drei Festungen Luzk, Rowno und Dubno. Nach Westen verband ein reich ausgebildetes System von Bahnen die Festung mit der Weichsel und dem Narew; auch nach Süden führte eine Stichbahn, die bei Cholm die Hauptlinie erreichte, die von Kiew nach Lublin und Iwangorod führte. Schon durch die Kämpfe der letzten Wochen war dieses Netz immer mehr gelockert, war eine Masche nach der andern den Russen entrissen worden. Jetzt ist der letzte Halt, der sie noch mit den wertvollen Bahnen verband, verloren.
Die Natur selber hatte den Platz, auf dem Nikolaus I. die russische Festung errichten ließ, durch Flüsse und Sümpfe geschützt; in den Bug ergießen sich hier von rechts und links je zwei Nebenflüsse, deren Ufergelände stark versumpft ist. Die Kunst der Befestigung, in der die Russen sich gewiß als Meister erwiesen haben, hat diese Hindernisse noch stärker gemacht. Die russischen Feldzugspläne haben sicherlich von Anfang an mit einem langen Widerstand gerade dieser Festung gerechnet, da man die östlich von ihr liegenden legenden in jeder Beziehung stark vernachlässigte. Erst 200 Kilometer weiter östlich führt wieder eine Bahn nordsüdwärts; bis zu ihrem Knotenpunkt mit der aus Brest-Litowsk nach Nordosten führenden Hauptlinie (bei Baranowitschi) sind die zurückflutenden Truppen auf die einzige Bahnlinie angewiesen. Hätte die russische Heeresverwaltung schon im Frieden mit der Notwendigkeit gerechnet, daß sie jemals Brest-Litowsk aufgeben müßte, so wäre sicherlich das Bahnnetz auch im Rücken der Festung besser ausgebaut worden. Von der zweiten Verteidigungslinie Rußlands, der festen Stellung am Bug und Njemen, die durch Kowno, Grodno, Bialystok und Brest-Litowsk bezeichnet wurde, sind nur noch Fetzen übriggeblieben. Die russische Armee, die diese Reste bald aufgeben wird, findet nun keine solche Aufnahmestellung mehr. Ihr steht zunächst ein Rückzug durch das Sumpffeld des Poljeßje bevor, der einer Heeresleitung, die Hindenburg Strategie in Masuren kennen gelernt hat, furchtbare Aussichten eröffnet. Die Ergebnisse des großen Angriffs, dem nunmehr die letzten russischen Stellungen um Polen zum Opfer gefallen sind, werden nun erst ganz von den Feldherrn der Verbündeten ausgeschöpft werden. 

 

Die Deutschen als Festungsbezwinger

Berlin, 26. August. (W. B.)
Mit Brest-Litowsk ist wiederum ein starker russischer Waffenplatz gefallen. Ein neues Glied der russischen Sperrkette - eines der letzten - ist gesprengt und ein neuer für die Versammlung und Verschiebung größerer Heeresmassen besonders wichtiger Punkt dem Feinde abgenommen worden. Als Festungsbezwinger stehen unsere Truppen seit Anfang dieses Krieges unerreicht da. Im Westen sind neun Festungen in unsere Hand gefallen: Lüttich, Namur, Longwy, Montmedy, La Fère, Laon, Maubeuge, Antwerpen, Lille und außerdem die sechs Forts: Manonviller, Givet, Les Ayvelles, Hirson, Condé und Camp des Romains. Im Osten hat Rußland elf Festungen verloren: Libau, Rozan, Pultusk, Iwangorod, Warschau, Lomza, Ostrolenka, Kowno, Nowo-Georgiewsk, Ossowiec und Brest-Litowsk.
Die Wegnahme der festen Plätze in Belgien und Frankreich fällt in die ersten zehn Wochen des Krieges, die der russischen Festungen begann - von der Besetzung Libaus am 8. Mai 1915 abgesehen - erst am Ende des ersten Kriegsjahres. Trotz der in der Zwischenzeit überall gesammelten Erfahrungen ist aber das Bild in seinen Grundzügen unverändert geblieben. Einer regelrechten Belagerung durch deutsche Truppen widersteht kein fester Platz. In kurzer Zeit erliegen die Werke den Nerven der Besatzungstruppen und der ungeheuren Wirkung der deutschen und österreichisch-ungarischen schweren Geschütze. Lüttich fiel in einem überrumpelnden Sturme, Namur nach fünftägiger, Maubeuge nach zweitägiger Beschießung, Antwerpen, "die stärkste Festung der Welt". nach zwölftägiger Belagerung durch verhältnismäßig schwache Truppen. Einen Teil der obengenannten Festungen und Forts haben die Franzosen überhaupt nicht verteidigt, ein anderer Teil wurde ihnen nach kurzer Beschießung genommen. In mehreren Fällen war der Infanteriesturm nicht mehr nötig.
Ganz ähnlich ist es nun auch im Osten gegangen. Libau, Rozan, Pultusk, Lomza, Ostrolenka und Ossowiec sind ohne regelrechte Belagerung gefallen. Warschau gaben die Russen Preis, als die Plonie-Stellung von unseren Truppen genommen war, und auch Praga räumten sie nach vier Tagen, Iwangorod am dreizehnten Tage nach dem Beginn des Angriffs, Kowno nach zwölftägiger Beschießung. Aber auch die Einnahme der großen Festung Nowo-Georgiewsk mit ihren mehr als 700 Geschützen und über zwei Armeekorps Besatzungstruppen dauerte wenig länger. Am 7. August fiel schon das Fort Dembe, am 19. August der ganze Platz in unsere Hände. Bei Brest-Litowsk ist eine Woche lang um die Vorstellungen gekämpft worden, dann wurde die ständige Befestigung sofort im Sturm genommen.
Wieweit diese Erfahrungen, die in so auffallender Weise sich nach Ablauf des ersten Kriegsjahres erneuern, bereits einen allgemeinen Schluß auf den Wert der Festungen im Kriege der Gegenwart zulassen, kann späteren Erörterungen vorbehalten bleiben. Uns mag zuerst die erfreuliche Tatsache genügen, daß unsere Gegner keine auch nur annähernd ähnlichen Erfolge im Kampfe gegen Festungen aufzuweisen haben. Tsingtau und Przemysl sind erst nach einer monatelangen Belagerung voll heißer Kämpfe ruhmreich gefallen. Die Feste Boyen blieb uneinnehmbar. So sind wir vorderhand berechtigt, die Fähigigkeit zur überraschend schnellen Bezwingung fester Plätze als eine besondere Eigenart der deutschen Truppen und der unserer Verbündelen anzusehen. Den Führern, die so Großes erzielten, den Tapferen, die es durchstritten, und den Männern, die dazu die gewaltigen Waffen ersannen und fertigten, schulden wir dafür umsomehr Bewunderung und Dank.
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Russische Signalstationen vor dem Rigabusen zerstört

Berlin, 26. August.
Am 25. August abends hat einer unserer kleinen Kreuzer die russische Signalstation Kap-Süd-Ristna auf der Insel Dagö beschossen und teilweise zerstört. Zur gleichen Zeit hat ein anderer kleiner Kreuzer die Signalstation Andreasberg gleichfalls auf Dagö mit Erfolg unter Feuer genommen. Feindliche Streitkräfte wurden nicht gesichtet.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes.
gez. Behncke.
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Kriegstagung des Reichstags

Berlin, 26. August. (Priv.-Tel.)
Seine heutige Sitzung widmete der Reichstag der Erörterung der Kriegsfürsorge. In mehreren Sitzungen hatte sich die Budgetkommission mit den mancherlei Wünschen und Beschwerden beschäftigt, die den Dienst und das persönliche Wohlergehen der Soldaten betreffen. Nach längerer Debatte, in der auch die Kritik ausführlich zu Worte kam, wurde eine Reihe von Resolutionen betreffend den Ausbau der Kriegsfürsorge angenommen, nachdem der Reichsschatzsekretär Dr. Helfferich mitgeteilt hatte, er werde sich im Bundesrat dafür einsetzen, daß angesichts der verteuerten Lebenshaltung die Unterstützungssätze für die Kriegerfamilien um 20 bis 25 Prozent erhöht werden.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 26. August.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die Festung Brest-Litowsk ist gefallen. Die ungarische Landwehr des Generals v. Arz entriß gestern dem Feind das südwestlich der Festung gelegene Dorf Kobylany, durchbrach damit die äußere Gürtellinie und fiel dem zunächst liegenden Werk in den Rücken; westgalizische, schlesische und nordmährische Heeresinfanterie erstürmte gleichzeitig ein Fort südlich der Ortschaft Koroszczyn.
Deutsche Truppen bemächtigten sich dreier Werke an der Nordwestfront und besetzten heute früh die an der Bahnbrücke gelegene Zitadelle. Unterdessen drängten die Verbündeten den Feind auch über die Lesna und im Wald- und Sumpfgebiet südöstlich Brest-Litowsk zurück, und unsere von Kowel nordwärts verfolgende Reiterei warf russische Nachhuten bei Bucin und Wyzwa Bei den in Ostgalizien stehenden Armeen nichts Neues.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Im Doberdoabschnitt griffen die Italiener gestern mittag den Monte dei sei Busi neuerdings an. Sie wurden, wie immer, zurückgeschlagen. Vor dem Görzer Brückenkopf herrschte Ruhe. An der übrigen küstenländischen Front fanden stellenweise heftige Geschützkämpfe statt; so namentlich im Raume von Flitsch, wo sich die feindliche Infanterie vorsichtig heranarbeitet. Der bereits gestern als abgeschlagen gemeldete Angriff gegen den Nordabschnitt der Hochfläche von Lavarone wurde von starken feindlichen Kräften geführt; nach zehntägiger auch die Nächte hindurch andauernder heftiger Beschießung unserer Werke steigerte die feindliche Artillerie vorgestern abend ihr Feuer gegen die Front Cima di Mezzena-Basson zu größter Schnelligkeit.
Bis nach Mitternacht überschüttete sie unsere Stellungen mit Geschossen aller Kaliber. Sodann schritten mehrere Infanterieregimenter und Alpinibataillone zum Angriff. Unsere braven Tiroler Truppen und Standschützen, von oberösterreichischen Schützen und der Artillerie hervorragend unterstützt, schlugen alle Stürme zurück.
In den Morgenstunden war der feindliche Angriff endgültig zusammengebrochen. In den Hindernissen allein liegen 200 tote Italiener; danach läßt sich ermessen, welche Opfer dieser Angriff gekostet haben mag. Wir hatten nur geringe Verluste. Einer unserer Flieger erzielte in der Munitionsfabrik von Brescia mehrere Bombentreffer.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 26. August.
An den Fronten von Anaforta, Ari Burun und Sed ul Bahr unterhielt der Feind abwechselnd
heftiges und schwaches Artilleriefeuer und verschwendete eine große Menge Munition. In der Nacht vom 24. zum 25. August unterhielt der Feind das Feuer bis zum Tagesanbruch. Am 25. August versuchte der Feind mit schwachen Kräften einen Angriff auf unseren linken Flügel. Die Angreifer wurden aufgerieben.
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Die Lage auf dem Balkan

Berlin, 26. August. (Priv.-Tel.)
Die telegraphischen Meldungen, die heute aus Sofia, Athen und Nisch vorliegen, lassen erkennen, daß der Vierverband die äußersten Druckmittel anwendet um die Balkanstaaten seinen Wünschen gefügig zu machen. Danach hat Serbien der letzten Note des Vierverbandes betreffend die Abtretung des an Bulgarien zu gebenden Gebietes sofort und ohne weiteres zu gehorchen. Bulgarien wird Englands Macht durch eine Blockade des Hafens von Dedeagatsch fühlbar gemacht, zugleich mit der Drohung, daß England noch weit unangenehmer werden könne, falls Bulgarien sich weigern sollte, seinen Wünschen nachzukommen. Und Griechenland wird zugemutet, daß es englische Kontrollbeamte in griechischen Zollämtern zuläßt, wenn es künftig die Durchsuchung griechischer Schiffe vermeiden will. Auch diese Forderung wird im Namen der vier Mächte gestellt. Da die Dinge sich auf dem Balkan langsam entwickeln, wofür ja reichliche Erfahrungen seit einem Jahre vorliegen, so muß man ruhig den Ausgang dieser verzweifelten Unternehmung des Vierverbandes abwarten. Vielleicht aber hat man in der dadurch geschaffenen Situation einen Grund zu erblicken, daß das dem Abschluß bereits nahe Abkommen zwischen Bulgarien und der Türkei bis jetzt noch nicht unterzeichnet worden ist.

Wien, 26. August. (Priv.-Tel.)
Nach den hier vorliegenden Meldungen vom Balkan sind die Pläne der Entente als vollständig gescheitert zu betrachten

Konstantinopel, 26. August. (Priv.-Tel.)
Nachdem die eifrigsten Bemühungen Englands und Frankreichs mißlungen sind, Serbien und Griechenland zu den von der Entente gewünschten Gebietsabtretungen an Bulgarien zu bewegen, unternimmt auf Drängen Englands der rumänische Kabinettschef Bratianu in Nisch und Athen ähnliche Anstrengungen. Ein Erfolg ist insofern ereicht, als Serbien seine Gebiete auf dem linken Wardarufer an Bulgarien abzutreten bereit ist. Griechenland bleibt hingegen auch gegenüber dem rumänischen Liebeswerben noch auf dem alten Standpunkte. Freiheit genießen, die internationalen Verträge zu brechen, und frei sein, sie zu vernichten, wenn es ihm gefällt, und frei, jede Vermittlung auszuschlagen, frei, Krieg anzufangen, wenn es ihm paßt, frei, wenn es wieder in den Krieg zieht, frei wiederum, alle Regeln zivilisierter Kriegsführung und Menschlichkeit zu Lande und zur See zu brechen, und während es so handeln würde, würde sein ganzer Seehandel in Kriegszeit frei bleiben, wie es jeder Handel im Frieden ist. Es wäre sehr vernünftig, die Freiheit der Meere zum Gegenstande von Beratungen, Begriffsbestimmungen und Abkommen nach diesem Kriege zu machen, aber nicht als etwas Abgesondertes und nicht, so lange kein Friede und keine Sicherheit gegen den Krieg und deutsche Methoden zu Wasser und zu Lande bestehen. Wenn es Garantien gegen einen zukünftigen Krieg geben sollte, so müßten sie allumfassend und wirksam sein und Deutschland ebenso wie die anderen Nationen, England eingeschlossen, binden.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im August 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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